Dienstag, 27. Oktober 2009

Ein Schiff wird kommen...











Jalta, Hafenstadt am Schwarzen Meer. Exotischer Anlaufpunkt für Kreuzfahrten.

Noch in Sowjetzeiten waren Kreuzfahrten für Sowjetbürger durchaus kein seltener Luxus. Kreuz und quer bedienten die Linien die Häfen rund um das Schwarze Meer, Batumi, Suchumi, Sotschi, Jalta und Sewastopol auf der Krim, Odessa, Constanza und Varna.

Nachdem mit dem Zerfall der Sowjetunion auch die Grenzen fielen und die scheinbar grenzenlose Freiheit begann, war es auch gleich aus mit den Traumschifffahrten. Kaum einer, der sich so etwas noch leisten konnte. Viele Linien wurden eingestellt.

Was den Leuten nun noch blieb, das war ein Foto als Andenken vor einem westlichen Luxusliner im Jaltaer Hafen.

Erst in letzter Zeit wird vorsichtig versucht, wirtschaftlich tragfähige Linien auf dem Schwarzen Meer wieder zu eröffnen. Mit dem Schnellboot „Krimpfeil“, das die kürzeste Verbindung zwischen Jalta und Sinop auf dem türkischen Festland bedienen sollte, klappte es allerdings nur eine Saison lang.

Geblieben sind die westlichen Kreuzfahrtschiffe. Sie bringen nach wie vor Touristen auch nach Jalta. Die Saison 2009 begann am 23.3. mit dem Einlauf der MS Deutschland, die damit schon zum zweiten Mal in Folge die Saison eröffnete!
Ausser den Hochseeschiffen kommen auch zahlreiche Binnenschiffe in den Hafen. Sie starten ihre Reise auf dem Dnjepr in Kiew, laufen Odessa, Sewastopol und zuletzt auch Jalta an, bevor es wieder zurück geht.
Das Volk der Passagiere ist meist bunt gemischt, aber mein geschultes Auge erkennt immer wieder die Deutschen schon weit im voraus. Die Kreuzfahrer sind im Stadtbild praktisch nur auf der Uferpromenade zu sehen. Touristische Ausflüge führen sie meist gleich vom Schiff weg zu den Hauptattraktionen von Jalta. Selten auch, dass ein Schiff über Nacht liegen bleibt, -Jalta hat die teuersten Liegegebühren!
Am 3.11. endet die Saison 2009 mit Schiff Nummer 108, der „Norwegian Jade“. Das 15-stöckige, 295m lange Ungetüm fasst 2500 Passagiere, so viel, wie in`s „Hotel Jalta“ passen. Die Hafenverwaltung erfasst, warum auch immer, keine Daten über die Passagierzahlen, aber es dürften ungefähr 50Tsd sein. Im Vergleich mit 2008 hat sich die Zahl der Schiffe nur ganz wenig nach oben verändert. Hier muss Beständigkeit als Erfolg angesehen werden. Prognosen für 2010 wagt noch keiner zu geben. Die „Krise“ herrscht noch immer, vor allem in den Köpfen! Aber träumen von den Traumschiffen kann man ja schon mal.

Mittwoch, 21. Oktober 2009

So ein Theater



Klassisches Theater, das sind Drama, Komödie, Oper, Operette und Ballett. Kaum einer, der Theater mit Jazz in Verbindung bringen würden.

Angesichts der allüberall herrschenden Krise ist auch ein ehrwürdiges Theater heute nicht davor gefeit, sich am Markt zu orientieren. So auch das Tschechov-Theater in Jalta. Mit über 100-jähriger Tradition und nach einer grundlegenden Renovierung, (nach 10 Jahren Agonie), öffnet es heute außer dem oben Beschriebenen auch vielen anderen Veranstaltungen seine Pforten: Kinofilme, korporative Anlässe, Schönheitswettbewerbe, Verkaufsausstellungen, Kunstgalerien, Synfoniekonzerte, Musicals und eben auch Jazzkonzerte.

Herausragendes Konzert dieses Musikgenres war am 2.10.09 der Auftritt des Chicagoer Quartetts um Ryan Cohan. Unterstützt wurde das Konzert seitens der amerikanischen Botschaft in der Ukraine, wobei auch die Kulturreferentin anwesend war.
Geoff Bradfield/ Saxophon, Dana Hall/ Schlagzeug, Lorin Cohen/ Kontrabass und Ryan Cohan/ Klavier brachten nicht nur Werke bekannter Jazzgrößen zum Vortrag, sondern auch Stücke aus dem eigenen Repertoire.

Beim anschließenden Büffet für geladene Gäste konnte man ganz zwanglos Kontakt zu den Musikern bekommen.

Einziger Wermutstropfen bei dem Ganzen: trotz der in großerZahl verteilten Freikarten, waren die Lücken im Zuschauerraum für so ein hochkarätiges Quartett zu groß. Jazz muß sich eben auch in Jalta zuerst sein Publikum suchen und aufbauen. Dazu wurde eigens ein Klub gegründet, der ab jetzt regelmäßig stattfindende Konzerte im Theaterrestaurant organisieren soll. Den Anfang machte die „Jalta-Jam“, unter Mitwirkung von Nikolaj Rudnik, dem Direktor des Theaters. Schauen Sie doch freitags mal vorbei!

Samstag, 17. Oktober 2009

Zeitreise



Die Idee kam von meinem Bekannten, Konstantin Solodównekow. Er hatte in Potsdam Regie und Kamera studiert und arbeitete seither in Jalta für ein Filmstudio und als freier Kameramann für „Hochzeiten und andere Trauerfälle“. Er hatte auch die Fakten recherchiert und das Drehbuch geschrieben. In mir fand er den passenden Übersetzer für Deutsch und Moderator vor der Kamera.

Im Lauf eines Jahres bereisten wir die Filmorte und trugen Material zusammen. Viele weitere Monate dauerte es dann, bis die zusätzlichen Texte aufgenommen und das Ganze zusammengeschnitten und montiert war.

Herausgekommen ist eine deutschsprachige Dokumentation, (1h28min), über 7 herausragende antike Stätten der Krim, die große Bedeutung aus Sicht der europäischen Kulturgeschichte haben.
Sudak, genuesische Festung aus dem 14.Jh, in der ein Onkel von Marco Polo zeitweise lebte, strategisch wichtiger Handelsplatz zwischen West und Ost..
Mangup, Hauptstadt der Krimgoten aus dem 6.Jh, die erst im 16.Jh den anstürmenden Türken weichen mussten.
Eski Kermen, geheimnisvolle Höhlenstadt aus dem 6.Jh.
Tschufut Kale, Höhlenstadt mit wechselvoller Geschichte aus dem 14.Jh, Siedlungsort der Karaimen und zeitweise Hauptstadt des tatarischen Krim-Chanats.
Kalamita, Festung, Hafen und Handelsplatz unter byzantinischer Herrschaft aus dem 6.Jh.
Inkerman, Felsenkloster des Heiligen Clemens aus dem 1.Jh.
Chersones, griechischer Stadtstaat aus dem 4.Jh vor Christus, Wiege des Christentums nicht nur auf der Krim, sondern für das ganze Slawentum.

Nachdem Versuche, den Film Fernsehsendern in Deutschland anzubieten keinen Erfolg brachten, gingen wir zur Direktvermarktung über. Deutsche Touristen in Jalta, zu denen ich immer wieder Kontakt bekomme, nehmen gerne dieses außergewöhnliche Souvenir mit nach Hause, oft auch noch in Verbindung mit meinem Jahrbuch „Jalos“ (5€).

Wer Interesse an dem (Kunst-)Werk hat, kann sein Exemplar für nur 15€ auch auf diesem Weg bestellen. Auslieferung erfolgt, wenn ich das nächste Mal wieder in Deutschland bin. Versprochen!

Mittwoch, 14. Oktober 2009

Einzimmerhochhaus


Eigentlich ist nichts so richtig billig in Jalta. Besonders teuer sind die Immobilienpreise. Grund und Boden und Wohnraum sind nach einer Preisexplosion vor etwa 5 Jahren irreal teuer. Ursache ist vor allem Spekulation. Inzwischen ist kaum noch ein Fleckchen der Südküste herrenlos. Auch nachdem seit einem Jahr die Preise etwas nachgeben ist Wohnungskauf nichts für jedermann. Gebrauchte Objekte kosten je nach Lage und Ausstattung zwischen 1000 und 1400US$/qm. Neubauten liegen bei etwa 1500US$/qm, bieten dafür aber in der Qualität durchaus nicht den oft versprochenen Eurostandard.
Da macht die Wohnraumnot erfinderisch: Eine Lösung ist die Variante des „Einzimmerhochhauses“. (Siehe Foto) Zugang von einem Zimmer zum anderen verschafft eine, je nach Kunstverstand geschaffene, „Hühnerleiter“, die nicht als Wohnraum gerechnet wird.

Sonntag, 11. Oktober 2009

Stadt der Gegensätze:


Moderner Hotelbau direkt am Meer


Ältester Teil Jaltas am Polikur-Hügel,
"Klein-Shanghai"

Stadt des Unglücks/Glücks?


Stadt des Unglücks?

„Sommerhauptstadt“, „Südliche Hauptstadt“ (Aufschrift im Stadtwappen!), „Perle der Ukraine“, „Stadt des Glücks“, - - -
Welche wohlklingenden Bezeichnungen wurden nicht ausgedacht, um das Selbstwertgefühl der Einwohner zu heben, oder auch nur um deren Augen vor den wahren Zuständen zu vernebeln.
Entgegen allen anders lautenden Äußerungen drängt sich der Eindruck auf, dass ausländische Investoren kein wahres Interesse daran haben, ihr vielleicht sauer und ehrlich verdientes Geld hier anzulegen. Gerne nimmt man jedoch an entsprechenden Foren teil, eröffnet sich doch die Möglichkeit, sich mit den örtlichen Schön-heiten, (u.a. auch Sehenswürdigkeiten!), bekannt zu machen.
Viele Investoren haben im Grunde kein Interesse an der Schaffung von zeitgemäßer Infrastruktur, sondern nur an Grundstücken, auf denen mehrgeschossige Wohngebäude für anlagekräftige Neureiche gebaut werden sollen. Beispiele für solche, die meiste Zeit des Jahres leer stehenden Hochhäuser, gibt es bereits genügend.
Türken und Deutsche wissen, dass die Umwandlung der „Perle“ in eine Goldgrube auch die Erhöhung des Lebensstandards der einfachen Leute voraussetzt. Ein neugierig-kritischer Seitenblick, abseits der Uferpromenade, zeigt denn auch schnell das wahre Gesicht und den Zustand der Infrastruktur.
Über die Details berichtet journalistisch korrekt und erstaunlich mutig eine junge Mitarbeiterin des Jaltaer Kuriers. Hier die von ihr aufgegriffenen Fakten zu wiederholen, wäre des schlechten zuviel, denn es sollen ja keine Leute abgeschreckt werden. Was ich ziemlich unvollständig aus eigener Feder zur „Stadt des Glücks“ zu bemerken habe, folgt hier:


Stadt des Glücks

Sinn jeglicher Werbung ist es, die jeweilige Zielgruppe im Unterbewusstsein zu treffen und zu einem bestimmten Verhalten oder Denken zu bringen. Ist die Werbemethode nicht psychologisch ausgesprochen listig und ausgeklügelt, so tut es oft genug die schlichte Wiederholung oder das massenhafte Darstellen der Werbenachricht. Das menschliche Gehirn ist ziemlich einfach zu manipulieren.
Glück ist eine der menschlichen Empfindungen, die nicht konkret messbar und individuell sehr relativ sind. Ist dem Einen eine auf der Straße gefundene Münze ein Glück, so braucht es dem Anderen dazu schon den Sechser im Lotto.
Wenn eine Stadt wie Jalta mit dem Slogan „Stadt des Glücks“ wirbt, dann darf man getrost davon ausgehen, dass in allgemeiner Selbstüberschätzung und Verblendung den Verantwortlichen einfach nichts Besseres einfiel. Das aber bringen sie Einheimischen wie auch Gästen auf Schritt und Tritt ins Bewußtein. Dazu behilft man sich großer Reklameschilde, die im ganzen Stadtgebiet verstreut an strategisch wichtigen Stellen aufgestellt sind.
Als wichtigste Zielgruppe des Slogans können die Werbeleute die örtliche Bevölkerung nicht gemeint haben, denn gerade die ist es, die den gegenteiligen Sinn am schärfsten zu spüren bekommt.
Bleiben also nur die Gäste der Stadt, Touristen, die sich nur zeitweilig hier aufhalten und, Gott sei Dank, so möchte man sagen, kaum eine Chance haben, den falschen Inhalt der Werbung zu erkennen. Obwohl, nicht alle sind schließlich mit der rosaroten Brille im Urlaub ausgerüstet. Die könnten dann durchaus das eine oder andere „Glück“ aus eigener Erfahrung relativieren.
Wenn man, so wie ich, schon längere Zeit Gelegenheit hatte, das „Glück“ im persönlichen Bereich und am eigenen Körper zu verspüren, dann fällt es nicht schwer auszuformulieren, was denn eigentlich dieses Glück ist.

Also, Glück ist, wenn:
- man als Tourist zusammen mit seinem Gepäck ankommt,
- die Touristen zum Saisonbeginn endlich kommen,
- sie an dessen Ende endlich wieder gehen,
- man den Zebrastreifen überquert, ohne Opfer des feindseligen Verhaltens der Autofahrer zu werden,
- man in keinen Stau gerät,
- man im öffentlichen Verkehrsmittel oder auf den Märkten nicht beklaut wird,
- man einen Parkplatz findet,
- man am Strand Platz für sein Handtuch findet,
- das Meerwasser nicht zu kalt, zu warm oder zu schmutzig ist,
- das Hotelpersonal freundlich ist und wenigstens minimale Fremdsprachenkenntnisse hat,
- man in Geschäften und Restaurants zuvorkommend bedient wird,
- man in der Gastronomie eine Speisekarte auf Deutsch bekommt,
- man in Restaurants nicht bei der Rechnung betrogen wird,
- man sich keine ansteckenden Krankheiten bei den „leichten Damen“ einfängt,
- der billig auf der Straße eingekaufte Wein nicht gepantscht ist,
- man von den auf der Straße angebotenen „Delikatessen“ nicht krank wird,
- man nicht von Obdachlosen und Drogensüchtigen um Geld angebettelt wird,
- man rund um die Uhr Wasser in der Wohnung hat,
- der Nachbar von oben keine Überschwemmung verursacht,
- im Winter die Heizung so warm wird, dass man in der Wohnung keine zusätzliche Heizung einschalten muss,
- man auf dem Gehweg nicht auf „Tretminen“ stößt,
- im Hausflur weder Mensch noch Tier ihre Notdurft verrichten, niemand Kippen oder Einmalspritzen wegwirft und keinen anderen Müll hinterlässt,
- die Straße nach einem Regenguss passierbar bleibt,
- sich das Hausdach auch nach 25 Jahren noch als dicht erweist,
- beim Einkaufen kein Gefühl aufkommt, als würden Sie die Verkäufer bei etwas sehr Wichtigem stören,
- die Straßenbeleuchtung funktioniert,
- der Besuch irgendeines Amtes ohne Schmiergeldzahlung verläuft,
- Sie es mit dem Trolleybus innerhalb von 20 Minuten von der Haltestelle „Fünftes Quartal“ bis zur „Pionerskaja“ schaffen,
- Sie von der Verkehrspolizei ungeschoren bleiben,
- das Jahr ohne 100%ige Verteuerung im kommunalen Bereich vergeht,
- Sie im Müll etwas Brauchbares finden,
- Sie auf dem Immobilienbereich ein Schnäppchen machen können,
- Sie nach den Wahlen nicht das Gefühl haben, Ihre Stimme vollkommen umsonst abgegeben, bzw. die Falschen gewählt zu haben,
- Sie keine ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen,
- man einen Picknickplatz findet, an dem die Vorgänger keinen Müll hinterlassen haben,
- wenn die Rentenerhöhung die Inflationsrate ausgleicht,
- wenn die Vergünstigungen für Rentner nicht gestrichen werden,
--- und diese Liste ließe sich fast beliebig fortsetzen!

"Perle der Krimer Südküste"

"Schwalbennest", Wahrzeichen Jaltas


Jalta, die "Perle der Krimer Südküste"

Die Sonnenseiten Jaltas kennen viele. Jährlich besuchen Tausende den Kurort mit internationalem Anspruchsdenken. Aber, wo viel Sonne ist, ist auch viel Schatten.

Wer ständig hier lebt, erfährt das Leben anders, als ein Tourist. Vieles ist ganz anders, als in den Reiseführern und Hotelprospekten. Aus westlicher Sicht ist vieles unverständlich, umständlich, ja sogar erschreckend.

Mit einem breiten Spektrum von Informationen können Sie hier Einblicke hinter die Kulissen (nicht nur) von Jalta bekommen.