Montag, 21. Dezember 2009

Was speisen Götter?


Ambrosia?
Manna?
Nektar?
Nein!
Götterspeise!

Es gab Zeiten, in denen ich mir aus Deutschland immer mal etwas leckeres mitbringen ließ, Leckereien, die es hier nicht oder nur schwer zu bekommen gab. Unter anderem auch Götterspeise. Von Kind an war ich von dem süßen, glitschig-wabbelnden Etwas begeistert.

Eine Serie von Dokumentationen im ukrainischen Fernsehen weckte seit diesem Jahr in mir die vitale Neugier, mehr über das zu erfahren, was ich denn so esse. An dieser Stelle gleich meine Hochachtung dafür, dass so etwas überhaupt offen im Fernsehen gezeigt werden kann! (Ehrlich gesagt, würde ich heute wesentlich ruhiger leben, wenn ich meine Neugier unterdrückt hätte!)

„Qualitätssiegel“ titelte eine Serie, in der alle möglichen Lebensmittelbereiche von einem unabhängigen Institut untersucht wurden. Parallel zu den Ergebnissen wissenschaftlicher Analysen wurden auch die Meinungen der Verbraucher erfragt. Als erschreckend aufschlussreich erwiesen sich die Ergebnisse der Wissenschaftler, die zum Teil bestätigten, dass mit Hilfe einer bunten Werbewelt eigentlich nur (Ernährungs-)Müll verkauft und gegessen wird.
Wohl als zwingende Folge dieser Größtenteils beunruhigenden Ergebnisse wurden einzelnen Themen ganze Sendungen in Spielfilmlänge gewidmet. (Dazu später mehr!)

Als Folge für mich und meine Familie stellten wir eine Liste der Produkte auf, die noch mehr oder weniger ohne unmittelbare Gefahr für Leib und Leben genießbar sind. Seither ist einkaufen gar nicht mehr so einfach und immer irgend wie von einem unterschwelligen schlechten Gewissen begleitet.

Nun habe ich die kleingedruckte Inhaltsangabe der Götterspeise studiert, analysiert und anschließend die nicht mehr schwere Entscheidung getroffen, den „Lebensmittel“-Müll einfach zum anderen Müll zu werfen.

Würden Sie, zum Beispiel, eine Mischung aus E104, E110, E122, E131, E297, E330, E337, E407, und Zucker, das alles in Wasser aufgelöst, essen? Wenn Sie schon mal Götterspeise gegessen haben, dann anworten Sie mit ja.
Sind Sie inzwischen Allergiker? Nein? Dann haben Sie aber Glück gehabt!

Ich, jedenfalls, bin mir jetzt sicher, dass Götter diese Speise nicht zu sich nehmen!

Samstag, 28. November 2009

Warum einfach?



Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Ein Motto, das sich hier durch viele Bereiche des täglichen Lebens zieht.

Welche laufenden Ausgaben hat ein Wohnungsbesitzer in Deutschland? Elektrische Energie, Gas, Zentralheizung, Wasser, kommunale Abgaben (z.B. Müll), Telefon, Fernsehen. Da kommt einiges zusammen.
Und jetzt stellen Sie sich vor, dass es für jede Abgabe ein Quittungsheftchen gibt, mit dem Sie zu festgelegten Terminen auf einer Bank, Sparkasse oder der Post erscheinen und bezahlen müssen!
„Welch ein Wahnsinn“, werden sicher nicht wenige ausrufen.
Wahnsinn, aber Praxis, überall im postsowjetischen Raum. Lange Warteschlangen und ein nicht zu beziffernder volkswirtschaftlicher Schaden durch verlorene Zeit kümmern hier niemand von den Verantwortlichen. Und daß auch der Postsowjetmensch das Warten noch im Blut hat, ist überall zu sehen.
Erst seit Anfang diesen Jahres haben zwei, drei Banken den Anfang gemacht und bieten für ihre Kunden Abbuchungsverfahren als Daueraufträge an. Haken an der Sache ist aber der, dass außer den Gebühren für Fernsehen und kommunale Abgaben/Müll alle anderen verbrauchsabhängig sind, also praktisch nicht mit einem festen Betrag bezahlt werden können! Lösung dafür wäre einzig die Einführung eines Systems, (wie in Deutschland), mit Abschlagszahlungen und einer jährlichen Generalabrechnung. Aber damit sind die Dienstleister organisatorisch und mental offenbar überfordert, wobei eine gehörige Portion Misstrauen gegenüber den Abnehmern sicher auch eine Rolle spielt.
Also bleiben auch weiterhin die Warteschlangen ein gewöhnliches Bild im Alltag. Das Positive daran ist, dass man wenigstens immer jemanden zum Plaudern vor und hinter sich hat.

Freitag, 13. November 2009

Der Jaltaer „Kobsàr“, Ostap Kindratschuk


Traktorist, Seemann, Journalist, Publizist, „fahrender Musiker“, Kosake.
Selten, wer so viele Bezeichnungen auf sich vereinen kann!

Geboren am 13.November 1937 im Dorf Kotikivki, im Gebiet von Ivano-Frankovsk, in der Westukraine, nach dem Schulabschluss Arbeit als Traktorist in Kasachstan, seit 1958 Matrose im Jaltaer Hafen, Weiterbildung in Batumi zum Kapitän auf Lotsenschiffen, nach der Pensionierung im Alter von 37 Jahren(!) Journalist für die kommunistische Presse, Publizist einer Vielzahl von Artikeln über Kobsàre und Kosaken, Musiker und Solist in der Jaltaer Banduristen-Kapelle, leibhaftige und einmalige Jaltaer Sehenswürdigkeit.
So lautet die Kurzbiografie von Ostap Jurievitsch Kindratschuk. Ausführlicher geschrieben würde sie sicher Romanumfang bekommen.

So eigenartig sein Musikinstrument ist, so eigenartig sieht Ostap auch aus.
Die Bandura, das typische folkloristische Musikinstrument der Ukraine (55 Saiten), hat Ähnlichkeit mit der Zither. Bekanntschaft machte Ostap mit dem Instrument in Jalta, als dort „Kobsàre“ auftraten.
Ostap trat in die Jaltaer Banduristen-Kapelle ein und ging bald aus dem Orchester als Solist hervor. Im Lauf der Zeit folgten auch Auftritte im Ausland.

Am ehesten kann man einen Kobsàr als fahrenden Volksmusiker bezeichnen, einen „Bänkelsänger“ und „Troubadur“. Eng verbunden ist die Tradition der Kobsàre mit den Saporoscher Kosaken, (denen die Erfindung der Bandura zugeschrieben wird), von denen sie viele äußere Merkmale übernommen haben. Thematisch sind die meist auf Ukrainisch vorgetragenen Lieder ebenfalls an die romantisch verklärte Historie der Kosaken angelehnt.

Als Zeichen voller Identifikation mit seiner Musik und dem vertretenen Stil verwandelte Ostap bald auch sein Äußeres. Frisur, Barttracht und Kleidung sind dem historischen Vorbild der Kosaken angepasst. Als Folge davon richteten nicht nur die zahlreichen Touristen Jaltas ihre neugierige Aufmerksamkeit auf den „bunten Hund“ sondern auch Fernsehen, Kino und ausländische Medien.

Heute, auch außerhalb der Touristensaison, ist Ostap oft in den Parks oder auf der Uferpromenade zu sehen und zu hören, wo er nicht selten einfach nur für sich selbst spielt, ungeachtet seiner 72 Jahre.
Herzlichen Glückwunsch zum heutigen Geburtstag!

Montag, 2. November 2009

Zur Gesundheit!


Informationsüberblick des Auswärtigen Amts
Grippe in der Ukraine
Zusammengefaßter aktueller Stand: 01.11.2009 – 13.00 Uhr

29.10.2009, 16.00 Uhr, Auf der Homepage des ukr. Gesundheitsministeriums wurden folgende Zahlen veröffentlicht:
In den drei westukrainischen Oblasten Ivano-Frankiwsk, Lemberg und Ternopil sind insgesamt 37923 Personen an Grippe erkrankt, davon sind 951 im Krankenhaus und 30 verstorben. Weiterhin hat das ukrainische Gesundheitsministerium auf seiner Homepage am 30.10.2009 folgende Angaben des Gesundheitsministers veröffentlicht: Das Institut für Epidemiologie und Infektionserkrankungen hat 22 Proben von Erkrankten untersucht. 11 Untersuchungsergebnisse ergaben Grippe Typ A und davon 7 A/H1N1-California. Die Experten des Viruslabors des Gesundheitsministeriums haben 8 andere Proben untersucht. Vier davon ergaben Grippe A/H1N1-California (Eine Probe davon war von einem Verstorbenen). Anmerkung: "A/H1N1- wird auch als "Schweinegrippe" bezeichnet.

31.10.2009, an Grippe erkrankt in der gesamten Ukraine: 164.000 Personen (davon 48.700 in Lemberg, 29.600 in Ternopil, 17.600 in Ivano-Frankiwsk, aber auch im Osten der Ukraine, Donezk 15.000 und Charkow 10.200). Davon im Krankenhaus: 5239. Davon verstorben: 39 (alle aus den westlichen Oblasten der Ukraine, so zB. 14 Verstorbene in Lemberg, 13 in Ternopil und 6 in Ivano-Frankiwsk).

Einschätzung der Krankheitsschwere
Auszug aus der Homepage des Robert Koch Instituts: "Nach Einschätzung der WHO vom 16.10.2009 verursacht die Neue Influenza nach wie vor in den meisten Fällen milde Krankheitsverläufe ohne Komplikationen und mit vollständiger Genesung. Besorgniserregend ist aber der schwere und bei der saisonalen Influenza so nicht bekannte Verlauf bei einer geringen Anzahl von Fällen, der zu beatmungspflichtiger, intensivmedizinischer Betreuung und zu Todesfällen insbesondere auch in jüngeren Altersgruppen führt.
Obwohl das Risiko eines schweren Verlaufs für bestimmte Personengruppen deutlich erhöht ist, können auch gesunde junge Erwachsene sehr schwer erkranken."

Beschluss Nr.1152 vom 30.10.2009des Ministerkabinetts der Ukraine:
Der Beschluss besteht aus 18 Punkten von denen 4 wesentlich sind:
"1. Ab 30.10.2009 wird im Hoheitsgebiet der Ukraine die höchste Stufe der Gefahr der Verbreitung der Grippe A/H1/N1/California/04/09 ausgerufen, und die Durchführung jeglicher Massenveranstaltungen verboten.
2. Ab 30.10.2009 wird für 3 Wochen die Quarantäne in den Gebieten Winnyzja, Wolhynien, Transkarpatien, Iwano-Frankiwsk, Lwiw, Riwne, Ternopil, Chmelnyzky und Czernowitz angeordnet.
3. Die Forderungen des Gesundheitsministeriums in den Bereichen Prophylaxe und Kampf gegen die Ausbreitung der pandemischen Grippe sind von allen Einrichtungen des Gesundheitswesens, Unternehmen, Institutionen und Organisationen unabhängig von deren Eigentumsform verbindlich umzusetzen.
4. Das Ministerium für Bildung und Wissenschaft und andere Behörden der Exekutive, die Bildungseinrichtungen verwalten; der Ministerrat der Autonomen Republik Krim, die Gebietsverwaltungen sowie die Stadt-verwaltungen von Kiew und Sewastopol müssen ab dem 2. November 2009 für drei Wochen Ferien in allen Bildungseinrichtungen unabhängig von deren Eigentumsform anordnen und Vorschuleinrichtungen für Kinder schließen."

Der Botschaft liegt die Übersetzung des Erlasses Nr. 996 vom 30.10.2009 des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft der Ukraine vor, der sich auf den o.a. Ministerkabinettsbeschluss Nr. 1152 bezieht. Im Erlass wird die Einstellung des Lehrbetriebs... an Bildungsstätten in der gesamten Ukraine für drei Wochen beginnend ab 31.10.2009 angeordnet.

Anmerkung zum Begriff Quarantäne:
Nach Kenntnisstand der Botschaft wird in der ukrainischen Sprache das Wort "Karantin", das ins Deutsche mit dem Wort "Quarantäne" übersetzt wird, bereits verwendet, wenn -wie im vorliegenden Fall geschehen- Bildungs-einrichtungen für einen bestimmten Zeitraum geschlossen werden. Die Botschaft hat bisher keine offiziellen Hinweise erhalten, dass im vorliegenden Fall von den Behörden Maßnahmen im Sinne des deutschen Wortes "Quarantäne" - also z.B. Isolierung von Personen, Transportmitteln und Gebäuden oder Regionen ergriffen worden sind. Die deutsche Honorarkonsulin in Lemberg hat der Botschaft am 31.10.-9.30 Uhr mitgeteilt, dass von einer Quarantäne im deutschen Sinn keine Rede ist.

Prophylaxe:
Die Vertrauensärztin der Botschaft hat mitgeteilt, dass insbesonder die Salbe "Oxolyn" (in der Ukraine zugelassen) und ein Mundschutz sinnvoll sein können. Man kann ersatzweise aber eine elastische Binde anfeuchten und um Mund und Nase binden. Der mehrlagige Stoff erfüllt die gleiche Funktion wie ein Mundschutz.

Impfstoffe
In der Ukraine sind nach Kenntnisstand der Botschaft keine Impfstoffe gegen Schweinegrippe erhältlich. (Tamiflu ist in UA zugelassen und vielleicht noch erhältlich).
Nach Auskunft der Vertrauensärztin der Botschaft dürfen Arzneimittel in der und in die Ukraine nicht per Post verschickt werden. Die persönliche Einfuhr zum persönlichen Gebrauch sei jedoch erlaubt.
Der Botschaft liegen Informationen vor, dass in den westlichen Landesteilen Mundschutz und weitere Vorsorgemittel wie die Salbe "Oxolyn" ausverkauft sein sollen. Aus Kiew wird berichtet, dass Mundschutzmasken... ausverkauft sind.
Eine Versorgung der deutschen Bürger in der Ukraine mit Medikamenten und Impfstoffen ist leider nicht möglich.
Nach Auskunft der ukrainischen Regierung ist, bzw. Wird, eine Versorgung der gesamten Bevölkerung mit allen erforderlichen Medikamenten....sichergestellt.

Na denn, zur Gesundheit!

Dienstag, 27. Oktober 2009

Ein Schiff wird kommen...











Jalta, Hafenstadt am Schwarzen Meer. Exotischer Anlaufpunkt für Kreuzfahrten.

Noch in Sowjetzeiten waren Kreuzfahrten für Sowjetbürger durchaus kein seltener Luxus. Kreuz und quer bedienten die Linien die Häfen rund um das Schwarze Meer, Batumi, Suchumi, Sotschi, Jalta und Sewastopol auf der Krim, Odessa, Constanza und Varna.

Nachdem mit dem Zerfall der Sowjetunion auch die Grenzen fielen und die scheinbar grenzenlose Freiheit begann, war es auch gleich aus mit den Traumschifffahrten. Kaum einer, der sich so etwas noch leisten konnte. Viele Linien wurden eingestellt.

Was den Leuten nun noch blieb, das war ein Foto als Andenken vor einem westlichen Luxusliner im Jaltaer Hafen.

Erst in letzter Zeit wird vorsichtig versucht, wirtschaftlich tragfähige Linien auf dem Schwarzen Meer wieder zu eröffnen. Mit dem Schnellboot „Krimpfeil“, das die kürzeste Verbindung zwischen Jalta und Sinop auf dem türkischen Festland bedienen sollte, klappte es allerdings nur eine Saison lang.

Geblieben sind die westlichen Kreuzfahrtschiffe. Sie bringen nach wie vor Touristen auch nach Jalta. Die Saison 2009 begann am 23.3. mit dem Einlauf der MS Deutschland, die damit schon zum zweiten Mal in Folge die Saison eröffnete!
Ausser den Hochseeschiffen kommen auch zahlreiche Binnenschiffe in den Hafen. Sie starten ihre Reise auf dem Dnjepr in Kiew, laufen Odessa, Sewastopol und zuletzt auch Jalta an, bevor es wieder zurück geht.
Das Volk der Passagiere ist meist bunt gemischt, aber mein geschultes Auge erkennt immer wieder die Deutschen schon weit im voraus. Die Kreuzfahrer sind im Stadtbild praktisch nur auf der Uferpromenade zu sehen. Touristische Ausflüge führen sie meist gleich vom Schiff weg zu den Hauptattraktionen von Jalta. Selten auch, dass ein Schiff über Nacht liegen bleibt, -Jalta hat die teuersten Liegegebühren!
Am 3.11. endet die Saison 2009 mit Schiff Nummer 108, der „Norwegian Jade“. Das 15-stöckige, 295m lange Ungetüm fasst 2500 Passagiere, so viel, wie in`s „Hotel Jalta“ passen. Die Hafenverwaltung erfasst, warum auch immer, keine Daten über die Passagierzahlen, aber es dürften ungefähr 50Tsd sein. Im Vergleich mit 2008 hat sich die Zahl der Schiffe nur ganz wenig nach oben verändert. Hier muss Beständigkeit als Erfolg angesehen werden. Prognosen für 2010 wagt noch keiner zu geben. Die „Krise“ herrscht noch immer, vor allem in den Köpfen! Aber träumen von den Traumschiffen kann man ja schon mal.

Mittwoch, 21. Oktober 2009

So ein Theater



Klassisches Theater, das sind Drama, Komödie, Oper, Operette und Ballett. Kaum einer, der Theater mit Jazz in Verbindung bringen würden.

Angesichts der allüberall herrschenden Krise ist auch ein ehrwürdiges Theater heute nicht davor gefeit, sich am Markt zu orientieren. So auch das Tschechov-Theater in Jalta. Mit über 100-jähriger Tradition und nach einer grundlegenden Renovierung, (nach 10 Jahren Agonie), öffnet es heute außer dem oben Beschriebenen auch vielen anderen Veranstaltungen seine Pforten: Kinofilme, korporative Anlässe, Schönheitswettbewerbe, Verkaufsausstellungen, Kunstgalerien, Synfoniekonzerte, Musicals und eben auch Jazzkonzerte.

Herausragendes Konzert dieses Musikgenres war am 2.10.09 der Auftritt des Chicagoer Quartetts um Ryan Cohan. Unterstützt wurde das Konzert seitens der amerikanischen Botschaft in der Ukraine, wobei auch die Kulturreferentin anwesend war.
Geoff Bradfield/ Saxophon, Dana Hall/ Schlagzeug, Lorin Cohen/ Kontrabass und Ryan Cohan/ Klavier brachten nicht nur Werke bekannter Jazzgrößen zum Vortrag, sondern auch Stücke aus dem eigenen Repertoire.

Beim anschließenden Büffet für geladene Gäste konnte man ganz zwanglos Kontakt zu den Musikern bekommen.

Einziger Wermutstropfen bei dem Ganzen: trotz der in großerZahl verteilten Freikarten, waren die Lücken im Zuschauerraum für so ein hochkarätiges Quartett zu groß. Jazz muß sich eben auch in Jalta zuerst sein Publikum suchen und aufbauen. Dazu wurde eigens ein Klub gegründet, der ab jetzt regelmäßig stattfindende Konzerte im Theaterrestaurant organisieren soll. Den Anfang machte die „Jalta-Jam“, unter Mitwirkung von Nikolaj Rudnik, dem Direktor des Theaters. Schauen Sie doch freitags mal vorbei!

Samstag, 17. Oktober 2009

Zeitreise



Die Idee kam von meinem Bekannten, Konstantin Solodównekow. Er hatte in Potsdam Regie und Kamera studiert und arbeitete seither in Jalta für ein Filmstudio und als freier Kameramann für „Hochzeiten und andere Trauerfälle“. Er hatte auch die Fakten recherchiert und das Drehbuch geschrieben. In mir fand er den passenden Übersetzer für Deutsch und Moderator vor der Kamera.

Im Lauf eines Jahres bereisten wir die Filmorte und trugen Material zusammen. Viele weitere Monate dauerte es dann, bis die zusätzlichen Texte aufgenommen und das Ganze zusammengeschnitten und montiert war.

Herausgekommen ist eine deutschsprachige Dokumentation, (1h28min), über 7 herausragende antike Stätten der Krim, die große Bedeutung aus Sicht der europäischen Kulturgeschichte haben.
Sudak, genuesische Festung aus dem 14.Jh, in der ein Onkel von Marco Polo zeitweise lebte, strategisch wichtiger Handelsplatz zwischen West und Ost..
Mangup, Hauptstadt der Krimgoten aus dem 6.Jh, die erst im 16.Jh den anstürmenden Türken weichen mussten.
Eski Kermen, geheimnisvolle Höhlenstadt aus dem 6.Jh.
Tschufut Kale, Höhlenstadt mit wechselvoller Geschichte aus dem 14.Jh, Siedlungsort der Karaimen und zeitweise Hauptstadt des tatarischen Krim-Chanats.
Kalamita, Festung, Hafen und Handelsplatz unter byzantinischer Herrschaft aus dem 6.Jh.
Inkerman, Felsenkloster des Heiligen Clemens aus dem 1.Jh.
Chersones, griechischer Stadtstaat aus dem 4.Jh vor Christus, Wiege des Christentums nicht nur auf der Krim, sondern für das ganze Slawentum.

Nachdem Versuche, den Film Fernsehsendern in Deutschland anzubieten keinen Erfolg brachten, gingen wir zur Direktvermarktung über. Deutsche Touristen in Jalta, zu denen ich immer wieder Kontakt bekomme, nehmen gerne dieses außergewöhnliche Souvenir mit nach Hause, oft auch noch in Verbindung mit meinem Jahrbuch „Jalos“ (5€).

Wer Interesse an dem (Kunst-)Werk hat, kann sein Exemplar für nur 15€ auch auf diesem Weg bestellen. Auslieferung erfolgt, wenn ich das nächste Mal wieder in Deutschland bin. Versprochen!

Mittwoch, 14. Oktober 2009

Einzimmerhochhaus


Eigentlich ist nichts so richtig billig in Jalta. Besonders teuer sind die Immobilienpreise. Grund und Boden und Wohnraum sind nach einer Preisexplosion vor etwa 5 Jahren irreal teuer. Ursache ist vor allem Spekulation. Inzwischen ist kaum noch ein Fleckchen der Südküste herrenlos. Auch nachdem seit einem Jahr die Preise etwas nachgeben ist Wohnungskauf nichts für jedermann. Gebrauchte Objekte kosten je nach Lage und Ausstattung zwischen 1000 und 1400US$/qm. Neubauten liegen bei etwa 1500US$/qm, bieten dafür aber in der Qualität durchaus nicht den oft versprochenen Eurostandard.
Da macht die Wohnraumnot erfinderisch: Eine Lösung ist die Variante des „Einzimmerhochhauses“. (Siehe Foto) Zugang von einem Zimmer zum anderen verschafft eine, je nach Kunstverstand geschaffene, „Hühnerleiter“, die nicht als Wohnraum gerechnet wird.

Sonntag, 11. Oktober 2009

Stadt der Gegensätze:


Moderner Hotelbau direkt am Meer


Ältester Teil Jaltas am Polikur-Hügel,
"Klein-Shanghai"

Stadt des Unglücks/Glücks?


Stadt des Unglücks?

„Sommerhauptstadt“, „Südliche Hauptstadt“ (Aufschrift im Stadtwappen!), „Perle der Ukraine“, „Stadt des Glücks“, - - -
Welche wohlklingenden Bezeichnungen wurden nicht ausgedacht, um das Selbstwertgefühl der Einwohner zu heben, oder auch nur um deren Augen vor den wahren Zuständen zu vernebeln.
Entgegen allen anders lautenden Äußerungen drängt sich der Eindruck auf, dass ausländische Investoren kein wahres Interesse daran haben, ihr vielleicht sauer und ehrlich verdientes Geld hier anzulegen. Gerne nimmt man jedoch an entsprechenden Foren teil, eröffnet sich doch die Möglichkeit, sich mit den örtlichen Schön-heiten, (u.a. auch Sehenswürdigkeiten!), bekannt zu machen.
Viele Investoren haben im Grunde kein Interesse an der Schaffung von zeitgemäßer Infrastruktur, sondern nur an Grundstücken, auf denen mehrgeschossige Wohngebäude für anlagekräftige Neureiche gebaut werden sollen. Beispiele für solche, die meiste Zeit des Jahres leer stehenden Hochhäuser, gibt es bereits genügend.
Türken und Deutsche wissen, dass die Umwandlung der „Perle“ in eine Goldgrube auch die Erhöhung des Lebensstandards der einfachen Leute voraussetzt. Ein neugierig-kritischer Seitenblick, abseits der Uferpromenade, zeigt denn auch schnell das wahre Gesicht und den Zustand der Infrastruktur.
Über die Details berichtet journalistisch korrekt und erstaunlich mutig eine junge Mitarbeiterin des Jaltaer Kuriers. Hier die von ihr aufgegriffenen Fakten zu wiederholen, wäre des schlechten zuviel, denn es sollen ja keine Leute abgeschreckt werden. Was ich ziemlich unvollständig aus eigener Feder zur „Stadt des Glücks“ zu bemerken habe, folgt hier:


Stadt des Glücks

Sinn jeglicher Werbung ist es, die jeweilige Zielgruppe im Unterbewusstsein zu treffen und zu einem bestimmten Verhalten oder Denken zu bringen. Ist die Werbemethode nicht psychologisch ausgesprochen listig und ausgeklügelt, so tut es oft genug die schlichte Wiederholung oder das massenhafte Darstellen der Werbenachricht. Das menschliche Gehirn ist ziemlich einfach zu manipulieren.
Glück ist eine der menschlichen Empfindungen, die nicht konkret messbar und individuell sehr relativ sind. Ist dem Einen eine auf der Straße gefundene Münze ein Glück, so braucht es dem Anderen dazu schon den Sechser im Lotto.
Wenn eine Stadt wie Jalta mit dem Slogan „Stadt des Glücks“ wirbt, dann darf man getrost davon ausgehen, dass in allgemeiner Selbstüberschätzung und Verblendung den Verantwortlichen einfach nichts Besseres einfiel. Das aber bringen sie Einheimischen wie auch Gästen auf Schritt und Tritt ins Bewußtein. Dazu behilft man sich großer Reklameschilde, die im ganzen Stadtgebiet verstreut an strategisch wichtigen Stellen aufgestellt sind.
Als wichtigste Zielgruppe des Slogans können die Werbeleute die örtliche Bevölkerung nicht gemeint haben, denn gerade die ist es, die den gegenteiligen Sinn am schärfsten zu spüren bekommt.
Bleiben also nur die Gäste der Stadt, Touristen, die sich nur zeitweilig hier aufhalten und, Gott sei Dank, so möchte man sagen, kaum eine Chance haben, den falschen Inhalt der Werbung zu erkennen. Obwohl, nicht alle sind schließlich mit der rosaroten Brille im Urlaub ausgerüstet. Die könnten dann durchaus das eine oder andere „Glück“ aus eigener Erfahrung relativieren.
Wenn man, so wie ich, schon längere Zeit Gelegenheit hatte, das „Glück“ im persönlichen Bereich und am eigenen Körper zu verspüren, dann fällt es nicht schwer auszuformulieren, was denn eigentlich dieses Glück ist.

Also, Glück ist, wenn:
- man als Tourist zusammen mit seinem Gepäck ankommt,
- die Touristen zum Saisonbeginn endlich kommen,
- sie an dessen Ende endlich wieder gehen,
- man den Zebrastreifen überquert, ohne Opfer des feindseligen Verhaltens der Autofahrer zu werden,
- man in keinen Stau gerät,
- man im öffentlichen Verkehrsmittel oder auf den Märkten nicht beklaut wird,
- man einen Parkplatz findet,
- man am Strand Platz für sein Handtuch findet,
- das Meerwasser nicht zu kalt, zu warm oder zu schmutzig ist,
- das Hotelpersonal freundlich ist und wenigstens minimale Fremdsprachenkenntnisse hat,
- man in Geschäften und Restaurants zuvorkommend bedient wird,
- man in der Gastronomie eine Speisekarte auf Deutsch bekommt,
- man in Restaurants nicht bei der Rechnung betrogen wird,
- man sich keine ansteckenden Krankheiten bei den „leichten Damen“ einfängt,
- der billig auf der Straße eingekaufte Wein nicht gepantscht ist,
- man von den auf der Straße angebotenen „Delikatessen“ nicht krank wird,
- man nicht von Obdachlosen und Drogensüchtigen um Geld angebettelt wird,
- man rund um die Uhr Wasser in der Wohnung hat,
- der Nachbar von oben keine Überschwemmung verursacht,
- im Winter die Heizung so warm wird, dass man in der Wohnung keine zusätzliche Heizung einschalten muss,
- man auf dem Gehweg nicht auf „Tretminen“ stößt,
- im Hausflur weder Mensch noch Tier ihre Notdurft verrichten, niemand Kippen oder Einmalspritzen wegwirft und keinen anderen Müll hinterlässt,
- die Straße nach einem Regenguss passierbar bleibt,
- sich das Hausdach auch nach 25 Jahren noch als dicht erweist,
- beim Einkaufen kein Gefühl aufkommt, als würden Sie die Verkäufer bei etwas sehr Wichtigem stören,
- die Straßenbeleuchtung funktioniert,
- der Besuch irgendeines Amtes ohne Schmiergeldzahlung verläuft,
- Sie es mit dem Trolleybus innerhalb von 20 Minuten von der Haltestelle „Fünftes Quartal“ bis zur „Pionerskaja“ schaffen,
- Sie von der Verkehrspolizei ungeschoren bleiben,
- das Jahr ohne 100%ige Verteuerung im kommunalen Bereich vergeht,
- Sie im Müll etwas Brauchbares finden,
- Sie auf dem Immobilienbereich ein Schnäppchen machen können,
- Sie nach den Wahlen nicht das Gefühl haben, Ihre Stimme vollkommen umsonst abgegeben, bzw. die Falschen gewählt zu haben,
- Sie keine ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen,
- man einen Picknickplatz findet, an dem die Vorgänger keinen Müll hinterlassen haben,
- wenn die Rentenerhöhung die Inflationsrate ausgleicht,
- wenn die Vergünstigungen für Rentner nicht gestrichen werden,
--- und diese Liste ließe sich fast beliebig fortsetzen!

"Perle der Krimer Südküste"

"Schwalbennest", Wahrzeichen Jaltas


Jalta, die "Perle der Krimer Südküste"

Die Sonnenseiten Jaltas kennen viele. Jährlich besuchen Tausende den Kurort mit internationalem Anspruchsdenken. Aber, wo viel Sonne ist, ist auch viel Schatten.

Wer ständig hier lebt, erfährt das Leben anders, als ein Tourist. Vieles ist ganz anders, als in den Reiseführern und Hotelprospekten. Aus westlicher Sicht ist vieles unverständlich, umständlich, ja sogar erschreckend.

Mit einem breiten Spektrum von Informationen können Sie hier Einblicke hinter die Kulissen (nicht nur) von Jalta bekommen.